Lichterschwemme
Jedes Jahr am 6. März, dem Fest des Glaubensboten Fridolin, geschieht in Ermensee etwas Sonderbares. Sobald es dunkel wird, kommen die Schulkinder mitten ins Dorf an den Aabach, um ein wunderbares Lichtspiel zu beginnen. Sie tragen auf Brettern verschiedenartige hölzerne Gestänge, auf denen viele Kerzen gesteckt sind. Wenn die Lichter brennen, werden sie von einem Brückensteg her aufs Wasser gesetzt, und dann schwimmen sie wie funkelnde Bäumchen still den Aabach hinunter.
Die Lichter werden weiter unten aufgefangen, am Ufer nach oben getragen, und das Ganze beginnt von neuem. Niemand weiss, seit wann die Kinder in Ermensee diesen Brauch am St. Fridolinsabend vollziehen.
Fridolin war einer der früheren Wandermönche. Er sah seine Lebensaufgabe in der Verbreitung des Christentums. Die Legende weiss, dass St. Fridolin auf seiner Reise flussaufwärts nach Ermensee gekommen ist. Zur Erinnerung an den heiligen Fridolin habe man das Lichterschwemmen auf dem Bach begonnen. Der Sinn des Brauches liegt im Besänftigen von Bach und Winter.
Heute ist das Lichterschwemmen zu einem wahren Dorffest geworden. Jung und alt versammeln sich am Aabach entlang sowie auf dem Postplatz. Seit längerer Zeit werden abschliessend brennende Strohballen den Aabach hinunter geschwemmt. Ausserdem bieten Jahr für Jahr verschiedene Vereine etwas dar.
Aus aktuellem Anlass, der Lichterschwemme am 06. März, hat der Kulturverein das Gedicht „Liechterschwemmi z’Ermisee“ von Anna Müller-Wildisen (verstorben im März 2017) veröffentlicht.
Das Gedicht finden Sie unter folgendem Link Liechterschwemmi z’Ermisee
Wenn afig d’Schneeglöggli i de Husmatte im Früehlig lütid, Märzeblüemli im Gsteig obe ihres wullig Chöpfli zum Bode us streckid und bald ihre Aeugli uftüend, um nach de Sunne z’göggle, d’Wide und d’Haselstude a ihri Zwigli farbigi Chätzli und Zötteli hänkid und Beieli scho mit gäle Höslene hei chömmid: de wird in Aermisee es Fästli gfieret vo gar sältener Art und uf gar sältni Wys. Es ischt es uralts Dorf-Volksfästli, a dem jung und alt si Freud hed.
„De Fredli schlod s’Liechtli abem Stödli“, heisst es Sprichwort und das will säge, wenns Fredlis-Tag do isch, so sell mer nömme bim Liecht schaffe. Drom lönd si z’Aermisee a dem Tag d’Liechtli dore Bach ab.
Scho lang händ die junge Lüüt d’Vorbereitige troffe. De Bärti hed scho im Herbst die zwee schönste und grösste Räbe usgläse und uf d’Syte tho. Die leggst Woche hed er si usghölt und uf e nes Brättli gnaglet. I de Muetter hed er es Bageet bättlet und isch i Wald go Harz hole und uf de Sagi obe Sagmähl, s’Sagmähl hed er is Ofeloch ie tho, z’dööre. Au es alts Dokter-Gütterli vol Petrolium isch scho zwäg.
De Toni aber besseret das 40 Centimeter gross Chrüz us, wo er sleggst Johr scho brucht hed. S’Brättli hed si zoge und muess dor nes neuis ersetzt wärde. Nu öppis Negeli sind chrum und müend grädet si. I de Muetter heuscht er die Cherze , wo vom Wienachtsbaum no bblebe sind. Die Cherzli stekt de Toni a das Chrüz, so dass mer meint, wenn d’Cherzli brönnid, es seig es Chrüz vo luter Liechtlene.
De Tag isch do, alles ist zwäg. I de Schuel hed de Lehrer si liebi Not, will sini Schüeler mit ihrem Chopf ganz ame ne andere Ort sind, als i de Schuel. Er begriift das und tuet sech ned ufrege. D’Sunn schint de ganzi Tag prächtig und vor em Huus isch es ganz warm. Buechfinkli und Meiseli pfyffid, dass‘ s e Freud isch, und de Hansi im Chöfi inne trilleret einisch um andrischt bikt vo sim Haus, nimmt es Schlökli us em Wasserbecherli, gumped s Stängeli und wetzt de Schnabel am Tintefisch. De Hustage isch im Azug.
No-di-no dunklets. Vo allne Syte här ghört mer z’Bätte lüüte. D’Muetter hed hüt e chly früecher z’Nacht kochet als süscht. Aber de Bärti und de Toni mögid näume nid rächt ässe. Und wie lang dunkt si au der Nacht-Rosekranz! Si rütschid uf em Ofe hin und her und bim Bätte wänd si ned rächt yhänke, bis ame de Vatter mit si ner Stimm e chli aschwellt. Endli isch es fertig. „ Am zähni münd er de deheim si“ seid de Vatter und macht Dubackpfyfe-n-i.
Tusig und tusig Stärndli lüchtid am Himmel. Durs Tal stricht e liechte Wind und im Ehrlose Wald isch es bsonderbars Rusche. Us alle Hüsere use chund jetzt das Jungvolk und lauft noch de grosse steinige Brugg, wo i de Mitte vom Dorf übere Aabach füehrt. Jedes hed öppis z’träge: es Gstell mit de Cherzlene; es Brätt mit zwee usghöhlte Räbe druff; Harz und Sagmähl. Bald isch d’Brugg voll bsetzt vo Schuelchind und vo Erwachsni. D’Cherzli und d’Räbe wärdid azünd. De Forster Maritz hed e Sagbock z’mitzt i Bach use gstellt und e Wagebrugg druf gleid. Er stohd druf uffe, nimmt i de Chinde d’Liechtli ab und stellt si ufs Wasser. Ruhig fahrid die Liechtli dore Bach ab, öppe zweihundert Meter wyt, gäg de mittlere Mühli zue. Dete wärdid d’Liechtli weder use gno und so mehrmals dore Bach abeglo. Es isch gar prächtig zluege, wie di Liechtli dorab gönd und sich im Wasser spieglid. Alles gohd wie am Schnüerli und doch isch keis Organisationskomitee do, wo das Züüg leitet I de Nase hed me de süesslich Cherze-Duft und de Harzgruch und das schmöckt mer so gärn. Z’leggst wird no e Strauwälle azündt und dore Bach abe glo. Gwöhnlich isch eini us Brüggers Chällerhals.
So isch es zähni worde. S’Fästli isch vorbi und d’Schuelchind gönd hei. Sie rüehmid de Muetter wies schön gsi seig und wär schönst Liechtli gha heig. Muetter tuet die Goofe is Bett, bättet mit-ene zum liebe Schutzengeli und tröstet s’Anneli, wo ihre no chlagt, es heig wäge de Liechtlene vergässe d’Schuelufgabe zmache.
Uf de Brugg obe aber stohd no e ganzi Tschupple Lüüt. Meitschi, gsund ,fröhlich, brav und tusig Woche alt; Buebe, wo chreftig gwachse sind, mit und ohni Schnäuz. Alli gruppierit sich ume Hägi Friedel, dä jetzt eis Liedli ums ander astimmt. Alti Volksliedli erklingit: s’Franzoselied, s’Wäggisserlied und no vieli anderi. Und z’leggst chund no s’Seethaler Holi und de Nagler Franz belüchtet üsi lsftige Aermisee mit em Bengal, wo vom Theater her no do isch.
„Jetzt müemer aber hei“, ghört mer do und det und „guet Nacht“ tönts dürenand und bald isch d’Brugg läär. Nes paar händ Dorscht übercho vom Singe und gönd zum Schlosser-Täni i-e, go n-es Bier näh. De Rössli-Toni begleitet s’Moger Fyni es Stuck wyt, bis er muess links abschwänke. Er dröckt em d’Hand, tued e täufe Schnuuf und seid:“ Uf Widerluege am Suntig – guet Nacht“.
Literatur.
–Paulus und die moderne Seele. Fastenvorträge von Anton Worlitschek, Stadtpfarrprediger in München. Zweite und dritte Auflage. Freiburg 1914, Herdersche Verlagshandlung. (Mt.1.20 )